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wenkekroschinsky

Achtsamkeit – ein (lebenslanger) Prozess

2015 bin ich zum ersten Mal mit Achtsamkeit in Berührung gekommen. Ich war damals als Psychologin in einer Tagesklinik angestellt und bekam in der zweiten Arbeitswoche den Auftrag, die Achtsamkeitsgruppe zu übernehmen. Sicherlich hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon mal was davon gehört, hatte aber null Ahnung 🤔, was genau man da macht. Mir wurde ein Buch in die Hand gedrückt und am übernächsten Tag sollte ich die erste Stunde anleiten.


Schon die ersten Seiten faszinierten mich und ich wollte unbedingt Achtsamkeit lernen. Die Versprechen waren verheißungsvoll: mehr Gelassenheit, mehr innerliche Ruhe, bessere Konzentration, den Alltag entschleunigen. Zu diesem Zeitpunkt lebte ich noch nach dem Motto „Wenn ich etwas anfange, dann richtig. Keine halben Sachen.“ Also kaufte ich mir ein Buch 📚 nach dem anderen und verschlang die Inhalte. Nach ein paar Wochen hatte ich ein großes Wissen um die Achtsamkeit. Was aber fehlte, war die Praxis. Aus heutiger Sicht ist es nicht verwunderlich, dass ich keine Effekte spürte. Theorie alleine bewirkt in der Achtsamkeitspraxis nichts.


So plante ich als nächstes die praktische Umsetzung von dem, was ich gelernt hatte. Und da tauchten die nächsten Schwierigkeiten auf: Wo sollte ich anfangen? Welche Übungen waren für einen Achtsamkeitsneuling die besten? Wie sollte ich das alles in meinen Alltag, der aus Arbeit, kleinen Kindern 👨‍👩‍👧‍👦, Haushalt und noch mehr bestand, integrieren. Schnell war ich überfordert und meine anfängliche Motivation, Achtsamkeit zu lernen, ließ nach bis ich diesbezüglich überhaupt nichts mehr machte.


Doch immer wieder stolperte ich über diese Methode und immer wieder erschlug mich der Umfang der Achtsamkeitspraxis: meditieren, achtsames Tun, eine achtsame Lebenshaltung, achtsames Beobachten der Gedanken und des Körpers, achtsames Zuhören, Achtsamkeit in Beziehungen. Ich glaubte nach wie vor fest daran, dass Achtsamkeit mir meinen Alltag erleichtern konnte. Ich wünschte mir sehnlichst Entschleunigung, Ruhe, Zufriedenheit, Kraft. Doch ich fand keinen für mich praktikablen Zugang zur Achtsamkeit.


Wenn ich meditierte 🧘‍♀️ und meine Gedanken beobachtete, wurde es laut in meinem Kopf. Die Gedanken rasten und sprangen von einem Thema zum nächste. Mein Körper reagierte mit starker innerlicher Unruhe, Herzrasen, teilweise bis hin zur Panikattacke. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass das Achtsamkeit bewirken sollte. Immer wieder hörte ich auf, zu üben. Verfluchte manchmal sogar das ganze Konstrukt. Und glaubte irgendwann, dass Achtsamkeit eben nichts für mich sei und gab auf.


Im Rahmen meiner Ausbildung zur psychologischen Psychotherapeutin kam ich allerdings kaum noch um das Vermitteln von Achtsamkeit herum. Doch wie kann ich jemanden anderem etwas beibringen, wenn ich es selbst nicht konnte? Diese Frage ließ mich auf ein Neues in die Achtsamkeitspraxis eintauchen und dieses Mal schaute ich nicht darauf, was mir Achtsamkeitslehrer 👨‍🏫 versprechen, sondern was ICH mir von der Achtsamkeit versprach. Mein stärkster Wunsch war, mich nicht mehr so gehetzt zu fühlen, den Zeitdruck zu minimieren, mich gelassener fühlen und zu entschleunigen, also viel mehr im hier und jetzt zu leben. Ich analysierte, in welchen Momenten mir das bereits gelang und was da anders war als in den Phasen, wo ich total im Stress war: es war der Fokus auf das, was ich gerade tat. Meine gesamte Konzentration lag auf der Tätigkeit. Keine Gedanken an die Vergangenheit oder an die Zukunft, sondern meine Aufmerksamkeit galt dem Hier und Jetzt. Und da begriff ich: DAS ist Achtsamkeit. Ab jetzt wusste ich, wass ich tun muss, um zu lernen, wie man im hier und jetzt lebt. Dieser Moment der Erkenntnis war magisch und sollte meinen Zugang zur Achtsamkeit nachhaltig verändern.


Ich begab mich auf die Suche nach Übungen, mit denen ich genau diesen Fokus auf den jetzigen Augenblick trainieren konnte. Und ich wurde sehr schnell fündig. Die sogenannte informelle Achtsamkeitspraxis vereinte genau das, was ich mir von der Achtsamkeit wünschte: Entschleunigung, Gelassenheit und vor allem eine super leichte Integration in meinen Alltag ohne mir extra Zeit ⏲ dafür freischaufeln zu müssen.


Ich fing an, immer öfter nach diesem Prinzip zu agieren und vermittelte die Technik an meine Patienten. Auch sie meldeten mir zurück, was ich am eigenen Leib erfahren durfte: mehr innerliche Ruhe, weniger Stresserleben und das alles ganz nebenbei bei dem, was sie sowieso tun würden.


Mittlerweile habe ich noch viel mehr Achtsamkeitselemente entdeckt und in mein Leben geholt. Nur die Meditation will mir nach wie vor nicht gelingen 🙄


Vielleicht geht es dir ja ähnlich wie mir und du findest Achtsamkeit interessant, schafft es aber irgendwie nicht, sie in deinen Alltag zu integrieren. Dann möchte ich dir an dieser Stelle Geduld zusprechen: Bleib weiter dran. Lass es auch gerne mal eine Weile ruhen und dann probiere es wieder. Manchmal ist nicht die Methode falsch, sondern es ist ein ungünstiger Zeitpunkt.


Mich interessiert, ob du Achtsamkeit kennst und auch umsetzt? Schreib mir gerne einen Kommentar oder eine Nachricht über das Kontaktformular.


Vielen Dank fürs Lesen meiner Zeilen!


Herzliche Grüße

Wenke Kroschinsky

Psychologische Psychotherapeutin für Verhaltenstherapie










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